
Viele Unternehmen bieten inzwischen Produkte aus recycelten Materialien an. Der Firma envoPAP geht das aber noch nicht weit genug. Mit dem großen Ziel, den Baumbestand weltweit stärker zu schützen, entwickelte das britisch-indische Unternehmen eine einzigartige Technologie, um Papier- und Verpackungsprodukte aus landwirtschaftlichen Restprodukten herzustellen. Im Interview verrät uns Stephan Gutowski, Managing Director, mehr über die Produkte von envoPAP und warum sich die Firma für eine Teilnahme an der Insights-X 2021 entschieden hat.
2021 sind Sie zum ersten Mal als Aussteller auf der Insights-X vertreten. Wie sind Sie auf die Messe aufmerksam geworden?
Ich bin letztes Jahr bei envoPAP eingestiegen und habe davor schon seit mehr als 20 Jahren in der Papier- und Medienbranche gearbeitet. Als Besucher war ich schon mehrfach auf der Insights-X und hatte dort, vor allem im Schulbereich, viele Kontakte und Geschäftspartner. Insofern war die Teilnahme als Aussteller an der Insights-X ein logischer Schritt.
Was erhoffen Sie sich von der Teilnahme an der PBS-Expo?
Natürlich in erster Linie Kundenkontakte. Man trifft bekannte Kunden und möchte neuen Kunden begegnen. Im indischen und pazifischen Raum sind wir bereits etabliert. Wir verkaufen auch schon sehr gut in den australischen, arabischen und afrikanischen Märkten. Auch in Europa, speziell in UK, wo wir unser Headquarter haben, konnten wir eine ganze Reihe von Partnern gewinnen. Da Deutschland der größte Markt für Papier in Europa ist, spielen Messeteilnahmen hier für uns eine zentrale Rolle. Wir sind immer sehr stark aus vergangenen Veranstaltungen herausgegangen, hatten unglaublich viele Neukontakte und haben daraus gute Geschäfte generieren können. Das erhoffen wir uns nun auch von der Insights-X. Nachdem die Paperworld dieses Jahr ausgefallen ist, möchten wir die Chance nutzen, uns im Oktober in Nürnberg zu präsentieren.
Wofür steht envoPAP?
Unser Ziel ist es, Plastik und Frischfaser durch Produkte zu ersetzen, die zu 100% aus landwirtschaftlichen Resten hergestellt sind und auch direkt wieder in den Recyclingkreislauf integriert werden können. Der Papierbedarf ist in ganz Europa, aber vor allem in Deutschland, sehr hoch. Setzen Sie sich in den Park und zählen Sie 50 Bäume ab und dann stellen Sie sich vor, anstatt der Bäume stehen plötzlich zwei Paletten Kopierpapier dort, das entspricht etwa 400 Päckchen. Denn das ist in etwa die Menge an Papier, die Sie aus 50 Bäumen gewinnen können. Es macht im Grunde keinen Sinn Bäume zu fällen, vor allem da wir Alternativen haben: Wir können Papier aus Holz 1:1 ersetzen, und zwar ausschließlich mit landwirtschaftlichen Restprodukten, sprich Abfall. Die Papierproduktion hat sich, was den Rohstoff angeht, schon immer verändert. Angefangen mit Papyrus über Tierfelle, Leinen bis zu dem heutigen Papier aus Holz. envoPAP ist also so etwas, wie das Beyond Meat im Papiermarkt, eine neue, nachhaltigere Alternative für ein bestehendes Produkt. Wir lösen damit nicht das Klimaproblem, aber wir können es durchaus eingrenzen.
Wie genau stellen Sie Ihre Produkte her?
Für die Herstellung unserer Produkte nutzen wir landwirtschaftliche Abfallprodukte, gepresstes Zuckerrohr, Weizen, Reis und ein bestimmtes Schilf - Reste, die ansonsten auf den Feldern verbrannt würden. Nach der Ernte werden die Reste in die nahe gelegene Papierfabrik transportiert. Dort werden sie dann zu Bagasse verarbeitet, gemahlen und schließlich zu Papier gepresst. Produktbedingt können wir nur in Indien produzieren, denn in Deutschland wächst weder Zuckerrohr noch das Schilf, das wir für die Stabilität unserer Verpackungsprodukte benötigen. Mit unserer Produktion schaffen wir aber eine zusätzliche Einkommensquelle für indische Bauern, die die ansonsten überflüssigen Restprodukte nicht verkaufen könnten.
Welche Produkte können mit der Technologie von envoPAP umgesetzt werden?
Angefangen haben wir vor 5 Jahren mit Kopierpapier. Inzwischen bieten wir aber ein viel breiteres Portfolio. Darunter Offset-Papier in verschiedenen Stärken und Größen und viele Produkte im Verpackungsbereich. Wir können etwa 90% aller Papierprodukte, wie Magazine, Zeitschriften, aber auch Hefte, Karten und Kalender mit unserer Technologie ersetzen. Derzeit sind wir beispielsweise in Kontakt mit einem großen Schulbuchverlag, mit dem wir Schulbücher zukünftig aus unserem Papier fertigen möchten. Aber auch außerhalb der PBS-Branche finden unsere Materialien ihren Einsatz. So stellen wir beispielsweise für den zweitgrößten Hersteller von Tiefkühlpizza in Indien die Kartons her. Lediglich Produkte im drucktechnischen High-End Bereich, wie Hochglanzmagazine, lassen sich mit unserem Papier nicht umsetzen. Für den “Alltagsgebrauch” sind sie eine echte Alternative.
Als Hersteller für nachhaltige Papier - und Verpackungsprodukte treffen Sie den Zahn der Zeit. Kommen Ihre Produkte immer direkt gut an oder muss noch Aufklärungsarbeit geleistet werden?
Eine Umstellung geht, wie bei allen neuen Produkten, nicht von heute auf morgen. Das braucht Planung und einen gewissen Vorlauf und natürlich ist die Branche hin und wieder skeptisch. So braucht es auch bei uns noch einiges an Aufklärungsarbeit. Häufig werden wir beispielsweise nach dem Transportweg gefragt, denn die Produkte müssen per Schiff von Indien nach Europa transportiert werden. Wenn Sie diese Emissionen auf eine Tonne herunterbrechen, ist der Transportweg nach Europa kein großes Kriterium mehr.
Hinter dem Begriff Nachhaltigkeit steckt weit mehr als die Produktion von umweltschonenden Materialien. Welche Maßnahmen hat envoPAP darüber hinaus getroffen?
Unser großes Ziel ist es, deutlich mehr Bäume am Leben zu erhalten und damit einen Teil zur CO² Reduktion beizutragen. Darüber hinaus hat unser Unternehmen das Zertifikat der B-Corporation (bcorporation.net), eine Organisation, die weltweit Firmen nach bestimmten Kriterien bewertet: Überprüfte soziale und ökologische Leistung, öffentliche Transparenz und Rechenschaftspflicht mit dem Ziel Gewinn und Unternehmenszweck in Einklang zu bringen. Wir sind froh und natürlich auch ein wenig stolz, dass wir seit 2019 Teil der Corporation sind. Eine Auszeichnung, welche bislang nur ca. 6.000 Unternehmen weltweit erhalten haben. Und es bestätigt nochmal, dass wir fair, offen und transparent, auch im Umgang mit unseren Mitarbeitern, sind.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Gutowski.